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Eine Legende
“DIE NACHT DER DÄMONEN”
(19. Jh., Japan)
“Jahre später werden sie uns fragen:
‘Wo wart ihr, als sie den Planeten
eingenommen haben?’
Und dann werden wir sagen:
‘Wir haben nichts gemacht, nur zugesehen.’”2
Aus dem Film “Transformers. Die dunkle Seite des Mondes”

Irgendwann während meiner Schulzeit, als wir Altpapier sammelten
(damals gab es noch solche schulischen Traditionen), fiel
mir ein seltsames Buch in die Hände. Seinem Zustand nach zu
urteilen, musste es etwa 30 Jahre alt gewesen sein. Die Seiten
waren schon ziemlich vergilbt, was darauf schließen ließ, dass es
nicht angemessen aufbewahrt worden war. Sicher hatte es irgendwo auf einem Balkon oder in einem Verschlag herumgelegen. Während
ich das Buch durchblätterte, fiel mir eine seltsame Zeichnung
auf. Darauf war eine Dämonenfrau zu sehen, die ein Baby aß.
Interessiert überflog ich den Text. Wie sich herausstellte, handelte
es sich um einen japanischen Mythos aus dem vorletzten Jahrhundert.
Er war aus der Sicht einer Frau erzählt, die behauptete,
bei diesem Mysterium dabei gewesen zu sein. Ihr Name war
Schindshu Miura.
Ich nahm das Buch mit, um es an einem anderen Ort in Ruhe
lesen zu können. Es beinhaltete auch Mythen aus weiteren Kulturen,
an die ich mich aber nicht erinnern konnte. Aus irgendeinem
Grund hatte mich genau dieser eine Mythos interessiert. Ich las
ihn wieder und wieder. Diese Erzählung hatte etwas faszinierend
Schreckliches an sich, die Geschichte hatte mich enorm beeindruckt.
Ich hatte das Buch auf dem hinteren Regal verstaut, doch
es zog mich irgendwie magisch an, ich wollte mich immer wieder
aufs Neue in die unheimliche Geschichte vertiefen. Heute, einige
Jahrzehnte später, möchte ich nun Ihnen diesen Mythos erzählen.
In genau der Form, wie er im Buch steht, kann ich ihn leider nicht
mehr wiedergeben, aber ich bemühe mich, ihn bestmöglich aus
dem Gedächtnis zu reproduzieren.

… Meine Brüder, meine Mutter und ich saßen eng aneinander
gekuschelt beisammen und streckten unsere Hände und Füße
unter den Kotatsu, einen kleinen Tisch, der sich direkt über der
mit Kohlen gefüllten Feuerstelle am Boden befand und auf dem
eine gewebte Decke lag. Im Haus war es sehr kalt. Die Wärme der
Kohlen wurde von den Händen und Füßen aufgenommen und
breitete sich von dort im ganzen Körper aus. Unser Vater war beschäftigt.
Er verstärkte das Dach und die Fenster mit Schilf,
stützte die Wände mit Holzpfeilern. Draußen wehte ein starker
Wind. Es war der Vorbote des Hurrikans Kanimuri, der heute
Nacht vom Meer her kommen sollte.